Verbraucherumfrage „Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die wirtschaftliche Lage von Verbrauchern“

Die aktuelle Verbraucherumfrage der Creditreform Wirtschaftsforschung und Boniversum beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die wirtschaftliche Lage der Verbraucher in Deutschland. Wie bereits die Umfragen von Mai, August und Oktober 2020 gezeigt haben, sind die Pandemie und die damit einhergehenden Maßnahmen zur Eindämmung für die Verbraucher mit großen (finanziellen) Einschränkungen verbunden. Neu ist, dass sich zunehmend eine „diffuse Konsumlust“, trotz steigender Angst vor Zahlungsschwierigkeiten, erkennen lässt. Die Analyse basiert auf einer bundesweiten und bevölkerungsrepräsentativen Online-Umfrage von über 1.000 Verbrauchern im Alter zwischen 18 und 69 Jahren. Die Umfrage wurde in der 17. Kalenderwoche 2021 (27.04 bis 29.04.2021) durchgeführt.

Immer mehr Menschen müssen infolge der Pandemie auf Teile ihres Einkommens verzichten. Ende April 2021 hatten 16,4 Millionen Haushalte weniger Geld zur Verfügung – rund 1,7 Millionen mehr als bei der vorangegangenen Befragung im Oktober 2020. Zu den Betroffenen zählen neben Kurzarbeitern auch immer häufiger Minijobber und Solo-Selbstständige. Doch trotz der Einkommensverluste und der Angst laufende Kosten nicht bezahlen zu können, zeigt sich eine zunehmende Konsumlust. Fast 40 Prozent der Verbraucher gaben an, in den nächsten Monaten mit Hilfe von Krediten Anschaffungen für den eigenen Haushalt tätigen zu wollen.

Welche Auffälligkeiten zeigen sich in den Ergebnissen der aktuellen Verbraucherumfrage?

Einkommenseinbußen

Vier von zehn Haushalten sind von Einkommenseinbußen betroffen. Hauptauslöser dafür ist weiterhin Kurzarbeit (36 Prozent; – 4 Prozentpunkte*). Deutliche Zuwächse zeigen sich aber bei der Nichtausübung des Nebenjobs (21 Prozent; + 5 Prozentpunkte*) und selbstständiger Tätigkeiten (20 Prozent; + 5 Prozentpunkte*).

Diffuse Zahlungsängste

29 Prozent der Befragten befürchten, dass sie ihre Rechnungen in den nächsten 12 Monaten nicht begleichen können. Die Option „Sonstige Kosten“, d. h. nicht explizit genannte Kosten, wurde deutlich häufiger genannt (12 Prozent; + 8 Prozentpunkte*).

Diffuse Konsumlust

Die Planung von kreditbasierten Anschaffungen hat sprunghaft zugenommen (40 Prozent; + 9 Prozentpunkte*). 34 Prozent gaben an, ihr Geld für „sonstige Anschaffungen“ auszugeben – ein Zeichen für die Überwindung eines „Corona-Konsum-Traumas“?

  • 16,4 Millionen Haushalte sind von Einkommenseinbußen betroffen

    Die Ergebnisse der aktuellen Verbraucherumfrage zeigen: Die Corona-Pandemie hat weiterhin deutlich negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage vieler Verbraucher in Deutschland. 39 Prozent der Haushalte in Deutschland sind von Einkommenseinbußen betroffen. Damit ist die Anzahl der betroffenen Haushalte im Vergleich zur Umfrage von Oktober 2020 um vier Prozentpunkte gestiegen. Lediglich bei der ersten Umfrage im Mai 2020 lag der Wert auf einem ähnlich hohen Niveau (39 Prozent; rund 16,2 Millionen Haushalte).

    Auffällig ist, dass sich die Höhe der Belastungen tendenziell positiv entwickelt hat. Der Anteil der Haushalte mit hohen Belastungen (30 Prozent Einkommenseinbußen und mehr) hat abgenommen (- 3 Prozentpunkte*), während die Einkommensrückgänge bis 30 Prozent zugenommen haben (+ 9 Prozentpunkte*).

     

  • Was sind die Hauptauslöser für die Einkommenseinbußen?

    Kurzarbeit bleibt weiterhin der meist genannte Auslöser für den Rückgang des Haushaltnettoeinkommens, wenn auch mit leicht rückläufiger Tendenz (36 Prozent; – 4 Prozentpunkte*). Hochgerechnet ist die Kurzarbeit bei rund 5,9 Millionen Haushalten der Grund für die Einkommenseinbußen. Dennoch, das Instrument der Kurzarbeit kann nicht alle Arbeitsplätze sichern. 12 Prozent der Befragten gaben an, dass die Einkommenseinbußen durch den Verlust des Arbeitsplatzes hervorgerufen wurden. Auch hier zeigt sich jedoch eine rückläufige Tendenz (- 4 Prozentpunkte*).

    Ein erneuter Anstieg ist hingegen bei der Nichtausübung des Nebenjobs zu verzeichnen. Während der Wert im Oktober noch bei 16 Prozent lag, liegt er aktuell bei 21 Prozent und damit sogar höher, als der Wert aus der ersten Umfrage zu Beginn der Pandemie (20 Prozent). Zunehmende Probleme machen sich auch bei den Solo-Selbstständigen und Kleinstunternehmern bemerkbar, die ihre Tätigkeit nur bedingt oder gar nicht ausüben können (20 Prozent; + 5 Prozentpunkte*).

     

  • Fast jeder dritte Befragte befürchtet Rechnungen nicht bezahlen zu können

    Der Anstieg der von Einkommenseinbußen betroffenen Gruppe in der Größenordnung bis zu 30 Prozent könnte weitreichende Folgen haben. Fast jeder dritte Befragte (29 Prozent; + 4 Prozentpunkte*) befürchtet als Folge der Corona-Pandemie regelmäßige oder außergewöhnliche Verbindlichkeiten des eigenen Haushaltes nicht bezahlen zu können. Wie bereits in der Umfrage von Oktober 2020, hat weiterhin etwa jeder zehnte Verbraucher angegeben, die Ratenzahlungen von Krediten, z. B. von Konsum-, Immobilien- oder KFZ-Krediten, gestundet zu haben.

    Vor allem bei grundlegenden Kostenpunkten des Haushaltes, wie z. B. Strom und Heizung oder dringend notwendigen Anschaffungen für Haus / Wohnung, fürchten die Verbraucher, diese zukünftig nicht bezahlen zu können. Auffällig ist auch, dass der Anteil „sonstiger“ – sprich nicht explizit genannter – Kosten, die Verbraucher fürchten nicht mehr bezahlen zu können, deutlich häufiger genannt wurde (12 Prozent; + 8 Prozentpunkte*). Das könnte auf diffuse Zahlungsschwierigkeiten hindeuten, die sich als Folge der monatelangen Einschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens entwickelt haben.

     

  • Der Versuch ein Corona-bedingtes „Konsum-Trauma“ zu überwinden?

    Obwohl viele Verbraucher angaben, krisenbedingt weniger Geld auszugeben (57 Prozent), zeigen die aktuellen Umfrageergebnisse auch, dass die Verbraucher in Deutschland offensichtlich Nachholbedarf in Sachen Konsum haben. So hat die „kreditbasierte Anschaffungsbereitschaft“ sprunghaft zugenommen (40 Prozent; + 8 Prozentpunkte*). Sie planen in den nächsten Monaten – trotz weitreichender Einkommenseinbußen und Angst vor Zahlungsschwierigkeiten – deutlich mehr Anschaffungen für den eigenen Haushalt mit Hilfe von Krediten zu tätigen. Die Option „sonstige Anschaffungen“ wurde dabei wesentlich öfter genannt, als in den vergangenen Umfragen (34 Prozent; + 12 Prozentpunkte*).

    Wenn man diese Ergebnisse in einen Zusammenhang stellt, lässt sich eine Art „diffuse Konsumlust“ interpretieren. Die Verbraucher versuchen das nachzuholen, was sie während der Corona-bedingten Einschränkungen verpasst haben.

     

* Veränderung April 2021 gegenüber Oktober 2020 in Prozentpunkten

„Häufiger als je zuvor kündigten die Befragten „sonstige Anschaffungen“ an. Dies kann als Zeichen für eine diffuse Konsumlust interpretiert werden, mit der Verbraucher die Zeit überwinden wollen, in der Konsum nicht oder nur online möglich war. Sie wollen das Corona-Konsum-Trauma hinter sich lassen.“

Stephan Vila
Geschäftsführer Boniversum